6m 15sLänge

Ausschnitt aus der Dokumentation von Jörg Wolf für Odysso/swr Wie viel kostet ein Brot? Hohe landwirtschaftliche Erträge - niedrige Nahrungsmittelpreise. Wie ehrlich ist diese Gleichung? Was wird berechnet und was fällt unter den Tisch? Ein direkter Vergleich zweier Methoden ermöglicht den Blick auf das große Ganze. Schauplatz des Experiments ist der DOK-Versuch südlich von Basel. Was dieses Vergleichssetting weltweit einmalig macht ist die Dauer, die das Experiment bereits läuft, denn seit 1978 werden hier Jahr für Jahr Messergebnisse für den biologischen und den konventionellen Anbau protokolliert: Erträge, Bodenveränderungen, Energieverbrauch, Dünger- und Pestizid Einsatz, Gasemissionen. Verantwortlich ist das Forschungsinstitut für ökologischen Landbau (FIBL) und Agroscope, das Kompetenzzentrum der Schweiz für die konventionelle Landwirtschaft. Anhand des Versuchsprotokolls lassen sich Input und Output jeder Methodik gegenüberstellen. Für eine bessere Übersicht haben wir alle Zahlen auf ein Hektar Weizen hochgerechnet. Zunächst ging es um den Input an landwirtschaftlichen Hilfsstoffen. Hiermit sind Dünger und Pestizide gemeint, die auf die Felder ausgebracht werden, um die Nährstoffe im Boden anzureichern und Störungen zu bekämpfen. Auf den konventionellen Flächen unseres Vergleichs wurden ausschließlich mineralische Dünger ausgebracht: Im Detail waren dies 50 Kg Phosphordünger, 150 Kg Kalidünger und 500 Kg Stickstoffdünger. Außerdem wurden zwei Herbizide gegen Unkräuter, ein Fungizid gegen Pilze, ein Insektizid und ein Halmverkürzer eingesetzt. Diese Mengen sind verglichen mit deutschen Verhältnissen eher gering bemessen. Auch in der biologischen Landwirtschaft muss gedüngt werden, denn die Pflanzen nehmen die Nährstoffe für ihr Wachstum aus dem Boden und müssen deshalb wieder rückgeführt werden, wenn die Fruchtbarkeit des Bodens erhalten bleiben soll. Kali, Phosphor und Stickstoff kommen auch in der biologischen Landwirtschaft zum Einsatz, allerdings werden sie in Form von Mist und Gülle aufgebracht: 1,4 Großvieheinheiten. Das heißt der Mist und die Gülle von circa eineinhalb Kühen wurden hierfür verwendet. Dies entspricht einer Menge von 12,5 Tonnen Mist und sechs Kubikmetern Gülle. Die Bodenfauna verstoffwechselt diese Abfallprodukte und es entstehen Kali, Phosphor und Stickstoff, die den Pflanzen als Nährstoffe dienen. Eine Schädlings- und Unkrautbekämpfung findet auf den ökologischen Weizenflächen dagegen nicht statt. Kostenvergleich Wenn man zusammenrechnet, schlagen auf der konventionellen Seite die Kosten für die Agrarchemie mit 800 Schweizer Franken zu Buche. Auch die Haltung der Kühe verursacht natürlich Kosten für Futtermittel, Ställe, usw - allerdings müssen diese Kosten der Milch- und Fleischproduktion zugeschlagen werden. Hier fällt der Mist als Abfallprodukt an, das entsorgt werden muss. Natürlich gilt dies nur für eine landwirtschaftliche Mischwirtschaft, also Vieh- und Pflanzenwirtschaft, die in Deutschland allerdings eher die Ausnahme darstellt. Betrachtet man den Energieverbrauch der beiden Methoden, so ist der Treibstoffverbrauch zwar bei der ökologischen Landwirtschaft etwas höher, insgesamt schneidet die konventionelle Landwirtschaft aber 40 Prozent schlechter ab, weil für die Kunstdüngerherstellung enorm viel Energie verbraucht wird. Für ein Kilo Stickstoff werden circa 1 bis 3 Liter Öl benötigt. All diese Mehrkosten kann die konventionelle Landwirtschaft durch höhere Erträge wieder abfedern. Bei Weizen sind dies im Durchschnitt circa 35 Prozent. Kosten, die der Brotpreis nicht enthält Aber ist damit die Kostenbilanz schon vollständig? Nirgendwo erwähnt werden die sogenannten externen Kosten, die nicht direkt anfallen, sondern in Form von Umweltbelastungen oder Zerstörungen von allen getragen werden müssen. Diese Kosten lassen sich zurzeit noch relativ schwer berechnen. Wie teuer ist die Zerstörung der Ozonschicht, die Düngerbelastung im Trinkwasser, das Verschwinden vieler Tier- und Pflanzenarten durch Monokulturen und Pestizide, der Verlust an natürlicher Bodenfruchtbarkeit oder überhaupt der Verlust an Boden durch Erosion. Teilweise werden solche Kosten schon sichtbar, etwa in Form der CO2-Zertifikate oder den Kosten für das Anliefern von Bienenvölkern, weil es vor Ort kaum noch Bienen gibt. Auch der Aufwand für das Entfernen des Stickstoffs aus dem Trinkwasser lässt sich berechnen. Man steht mit diesen Öko-Bilanzen noch ganz am Anfang und kann im Moment nur sagen dass die realen Kosten um ein Vielfaches höher liegen werden, als alle bisherigen Berechnungen zeigen. Unterm Strich schneidet die biologische Landwirtschaft aber eindeutig günstiger ab. So gesehen sind Bio-Brote wesentlich günstiger als das Preisschild vermuten lässt. Jörg Wolf