Sendung vom 15.10.2011 Es läuft immer gleich ab: Der Verkäufer verspricht die Lieferung einer sehr günstig angebotenen Ware. Der Käufer zahlt, die Ware aber kommt nie an. Tausendfach spielen sich solche Fälle immer wieder aufs Neue ab. Zu erklären ist das wohl nur mit unserem Drang, für gute Ware möglichst wenig Geld zu zahlen. Erstaunlich ist, dass Verbraucher gerade dann ein eigenartiges Vertrauen an den Tag legen, wenn es darum geht im Internet Geschäfte zu machen. Dabei würde man auf der Straße wohl kaum einem völlig Unbekannten 500 Euro in die Hand drücken, wenn der verspricht, am nächsten Tag einen Laptop zuzuschicken. Aber genau das passiert. Denn was wissen wir schon über einem Verkäufer bei ebay? Bewertungen lassen sich manipulieren. Mögliche Hinweise darauf: Welche Produkte wurden vorher verkauft? Nicht selten werden die guten Bewertungen durch die Abwicklung vieler kleiner Geschäfte „inszeniert". Wie alt sind die Bewertungen? Ebenfalls einen Hinweis auf einen möglichen Warenbetrug geben die Namen der Verkäufer. Wie viele Personen sind auf der Verkäuferseite beteiligt? Sind Kontoinhaber und Verkäufer identisch? Kürzlich meldete sich bei mir eine Zuschauerin, die vielleicht das Opfer eines perfekten Internetbetrugs geworden ist. Auch ihr wurde eine Ware, ein Laptop, sehr günstig versprochen. Zugeschickt bekam sie ihn nie. Auf der Verkäuferseite, so stellte sich später heraus, waren gleich drei Personen beteiligt: ein Verkäufer mit einem sehr exotisch klingenden Namen, ein Kontoinhaber mit einem angelsächsischen Allerweltsnamen, dem sie den Kaufpreis für den Laptop überwies, und schließlich der Inhaber des ebay-Accounts, von dem aus der Laptop angeboten wurde. Es stellt sich die Frage: Wen kann die Zuschauerin für ihren Schaden - immerhin 1.300 Euro - haftbar machen? Klar ist, dass der Verkäufer nicht zu fassen ist. Als Spur gibt es nur den wenig glaubhaften Namen. Wahrscheinlich existiert diese Person überhaupt nicht. Am meisten weiß man vom Inhaber des Accounts. Name und die Adresse liegen vor. Dennoch ist er aus dem Schneider. Der Bundesgerichtshof hat erst im Mai 2011 entschieden, dass die Inhaber eines ebay-Accounts wohl nicht herangezogen werden können. Die Begründung: Der Verkäufer, der über einen fremden Account verkauft, handelt als sogenannter Vertreter ohne Vertretungsmacht. Und als solcher kann er den eigentlichen Inhaber nicht wirksam an das Geschäft binden. Nach den allgemeinen Stellvertreterregeln des Zivilrechts wäre das nur möglich, wenn das konkrete Rechtsgeschäft mit Wissen und Wollen des Inhabers abgewickelt würde. Diese Annahme kann aber nicht ohne Weiteres getroffen werden. Bleibt noch der Kontoinhaber, auf dessen Konto das Geld überwiesen wurde. Die Adresse ist relativ schnell herauszufinden. Doch ist er für den Schaden unserer Zuschauerin haftbar zu machen? Grundsätzlich ja. Zwar hat er von der Zuschauerin bewusst Geld erhalten, letztlich aber doch ohne Rechtsgrund. Nicht er, sondern der vermeintliche Verkäufer war Vertragspartner des Laptop-Geschäfts. Anders ausgedrückt: Der Kontoinhaber hatte kein Recht, das Geld zu behalten. Bei einem Treffen, das auf Druck der Zuschauerin zustande kam, gab er an, das Geld an den vermeintlichen Verkäufer weitergegeben zu haben. Wahrscheinlich ist das nur eine Schutzbehauptung, zivilrechtlich war er damit aber aus dem Schneider. Ohne Geld ist er auch nicht mehr bereichert. Juristen sprechen in solchen Fällen von Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB. Schutz gegen Warenbetrug ist möglich Zusammengenommen wirkt das Verhalten der Beteiligten im Fall unserer Zuschauerin perfekt aufeinander abgestimmt. Jeder handelte so, dass er und der jeweils andere mit den Mitteln des Zivilrechts nicht zu greifen war. Der Chronistenpflicht wegen sei noch erwähnt, dass auch die staatsanwaltlichen Bemühungen zu keinem Ergebnis führten. Als es ernst wurde, waren bis auf den Inhaber des ebay-Accounts alle Beteiligten von der Bildfläche verschwunden.