Eine "tragfähige, gemeinsame Lösung" soll her für Kaiser's Tengelmann - zumindest darin waren sich alle Beteiligten des Krisengipfels zur Zukunft der defizitären Supermarktkette einig. Stundenlang hatten Vertreter von Rewe, Edeka, Tengelmann selbst sowie von der Marktkette Markant und der Gewerkschaft ver.di beraten. Doch mehr als schöne Worte kamen am Ende nicht dabei heraus. Heute könnte der Aufsichtsrat von Tengelmann diesem Hin- und Her um den eigenen Konzern endlich ein Ende setzen - doch für die Mitarbeiter in den Supermärkten könnte es ein schmerzhafter Schlussstrich werden. Wirtschaftsexperte Paul Reifferscheid äußerte im ARD-Morgenmagazin die Vermutung, dass auf der Sitzung "die Zerschlagung der Handelskette quasi eingeleitet wird". Was bedeuten würde, dass die Tengelmann-Filialen unter den Interessenten aufgeteilt werden - zumindest die, die noch da sind. Reifferscheid spricht von einem "Sterben auf Raten" bei Tengelmann: "Vor ein paar Jahren haben wir bundesweit noch 500 Filialen gehabt, Ende des Jahres werden es wohl noch um die 400 sein." Aber in den noch bestehenden Geschäften arbeiten immerhin noch rund 16.000 Mitarbeiter - und eine Entscheidung des Aufsichtsrates für die Zerschlagung könnte für fast jeden Zweiten von ihnen den Jobverlust bedeuten. Zwar betonte Rewe-Chef Alain Caparros beim Krisengipfel nochmal, dass nur auf diesem Wege die Arbeitsplätze erhalten werden könnten - doch Fakt ist: Viele Geschäfte schreiben seit Jahren rote Zahlen. Das Ausmaß der Verluste für Kaiser's Tengelmann hat sich innerhalb von 15 Jahren auf insgesamt 500 Millionen Euro aufgetürmt. Und Filialen, die nur noch Miese kassieren, sind aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr zu halten, davon geht auch Reifferscheid aus. Aber es gab ja auch noch das zweite Rettungs-Szenario: Die Komplettübernahme durch Edeka - von Tengelmann und Edeka gewünscht, von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel per Ministererlaubnis abgesegnet und von Rewe per Klage vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf gestoppt. In der vergangenen Nacht hat sich nochmals gezeigt, dass die Übernahme eine kaum realisierbare Lösung bleibt. Denn weder Rewe noch die anderen Interessenten wie Markant oder Norma deuten die Bereitschaft an, ihre Klagen zurückzuziehen und damit den Weg für die Tengelmann-Edeka-Ehe frei zu machen. Es scheint also fast unvermeidlich, dass die Zerschlagung und damit die betriebsbedingten Kündigungen kommen. Was sehr bitter wäre, sagt der sagt Handelswissenschaftler Prof. Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein. Schon vor Jahren hätten Tengelmann-Angestellte teilweise auf ihr Gehalt verzichtet, um der Supermarktkette doch noch das Fortbestehen zu ermöglichen. Nun droht laut Heinemann ein ähnlicher Fall wie bei der Pleite der Drogeriekette Schlecker. Wer dabei von den neuen Eigentümern übernommen wird, hänge von Alter und Qualifikation ab - was heißt: gute Chancen für die Jüngeren, schwierige Aussichten für die Älteren. Zerschlagung der Kette langfristig zu spüren bekommen. Denn mit Tengelmann geht im Lebensmittelhandel ein Konkurrent verloren - und das in einer Branche, die mittlerweile eh nur noch von vier großen Handelsketten dominiert wird, wie Reifferscheid erklärt. "Und fehlende Konkurrenz treibt die Preise hoch", so der Wirtschaftsexperte. Gerade abseits der Großstädte, in Regionen, in denen in fußläufiger Nähe vielleicht nur ein bis zwei Supermärkte zu erreichen sind, wird das Fehlen Tengelmanns spürbar werden. Und auch für die Produzenten der Lebensmittel steigt der Druck. Mit Tengelmann würde ein Abnehmer für ihre Waren wegfallen und damit auch automatisch Gewinn in der Kasse. Quelle: http://www.tagesschau.de/wirtschaft/tengelmann-aufsichtsrat-zerschlagung-101.html