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In der S-Bahn ausgelegte Werbe-Flyer zu einer Zauber-Show haben genau im richtigen Moment meinen Weg gekreuzt: als ich gerade wieder einmal über unser täglich' Falschgeldwunder ins Philosophieren geraten war. Eine Zauberin, klassisch mit Zylinderhut und Kaninchen und Zauberstab verspricht uns einen unterhaltsamen Abend voller Illusion. Bling! Das hat mit meinem Thema zu tun, soviel war klar. Und sofort kam mir das Geldwunder aus Faust II in den Sinn: mehr Illusion geht nicht. Goethe hat vor fast 200 Jahren klar und verständlich über das Falschgeldsystem geschrieben, nie war das gültiger als heute. Mephisto schafft es im Faust II, mit Zettelgeld ohne inneren Wert die Depression eines Landes zu überwinden. Er etabliert Falschgeld, indem er den sogenvollen Kaiser schwindlig redet, indem er ihn zu einem großangelegten Zettelbetrug verführt. Und siehe da: es funktioniert! Eine wirtschaftliche Blüte und Heiterkeit entstehen, wo kurz zuvor noch Sorgen und Lethargie das vorherrschende Lebensgefühl waren. Der Katzenjammer, das böse Erwachen, sind vorprogrammiert, aber keiner will aus der angenehmen Illusion, aus dem schönen Traum von unverhofftem Wohlstand aufwachen. Und irgendwie stimmt es ja auch: mit Zettelgeld läuft die Wirtschaft "wie geschmiert", es wird akzeptiert als Zahlungsmittel, man muß nur daran glauben, und wie gerne glauben wir daran. Selbst mit Preissteigerung haben wir in Deutschland noch kein wirkliches Problem, also: wo bitte ist dann das Problem? Es ist zu schön, um wahr zu sein, es ist, wenn man darüber nachdenkt, ein einziger Betrug. Die Welt will betrogen sein? Kann es nicht auch schön sein ohne Betrug? Das Thema bleibt aktuell, ob wir wollen oder nicht.