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07.04.2016 Scobel 3sat 0:00 Revolution in der Pflanzenzucht - Schöne neue Gentechnik (1/2) Ein neues biotechnisches Werkzeug, die Genschere CRISPR, revolutioniert die Gentechnik. Sie ist günstig und einfach anzuwenden - jeder Laborant kann damit ins Erbgut von Pflanzen eingreifen. Mit CRISPR ist Gentechnik nicht mehr den großen Saatgut- und Chemiekonzernen vorbehalten. Mit der Genschere gelingen rückstandfreie, buchstabengenaue Eingriffe im Erbgut bei Mikroorganismen, Pflanzen, Tieren und Menschen, genannt "genome editing". Die aktuellen Entwicklungen in der Gentechnik überschlagen sich, eröffnen Möglichkeiten, bergen Risiken - und zwingen uns zu Entscheidungen, die grundsätzlicher nicht sein könnten. Die biotechnischen Möglichkeiten zur Manipulation von Leben sind bereits in den Laboren rund um den Globus angekommen. CRISPR funktioniert in praktisch jedem Organismus: in Hefen, Fadenwürmern und Zebrafischen, in Mäusen, in Pflanzen und eben in menschlichen Zellen. Keine artfremden Erbinformationen Genau das macht die Technik so chancen- aber auch risikoreich. Das Ergebnis der Genbearbeitung lässt sich nicht von Spontanmutationen in der Natur unterscheiden. Es bleiben keine Rückstände oder Reste von Genschnipseln im Genom. Entdeckt haben das Verfahren zwei Biochemikerinnen, Jennifer Doudna von der University of California in Berkeley, und Emmanuelle Charpentier, die seit Oktober 2015 Direktorin am Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie ist. In der Pflanzenzucht könnte CRISPR mit Anwendungen innerhalb der Artengrenze Agrarforscher und Biobauern versöhnen. Dabei werden anders als bislang keine artfremden Erbinformationen wie Bakterientoxine (wie bei Bacillus thuringiensis Bt-Mais oder Bt-Baumwolle) oder Herbizidresistenzen (wie bei Round-up Ready RR-Soja oder RR-Mais) in die Pflanzen-DNA gebracht. Erwünschte Eigenschaften erzielen die Züchter durch den Austausch von Genbausteinen innerhalb einer Art oder das An- und Abschalten von Genen. Die Risiken lassen sich noch nicht beurteilen So könnte der Apfelschorf, eine Pilzerkrankung bei Äpfeln, die auch im Biolandbau nur durch den Einsatz von Kupfer und Schwefel in den Griff zu kriegen ist, größtenteils ausgemerzt werden, glaubt Cesare Gessler, Professor emeritus für Pflanzenpathologie an der ETH Zürich. Herkömmliche Züchtungsverfahren versuchen, durch Mutagenese (Erzeugung von Mutationen im Erbgut von Lebewesen) und Kreuzungen die gleichen Ergebnisse zu erzielen, nur dauert dies wesentlich länger und geschieht teilweise unter Einsatz von Chemie und Radioaktivität wie etwa in den Laboren der Internationalen Atomenergie-Agentur IAEA nahe Wien. Experten sagen, dass es selten eine Entwicklung gab, die sie derart elektrisierte. "Genome editing" trifft in all seinen Anwendungsgebieten mitten in die seit 40 Jahren hitzig geführte Auseinandersetzung mit Gentechnik. Führende Wissenschaftler sprechen von einem Paradigmenwechsel in der Bewertung der Gentechnik und fordern, künftig die Ergebnisse beziehungsweise Produkte zu bewerten und nicht die Verfahren, mit denen beispielsweise Pflanzen erzeugt werden. Die neue Technik steckt voller Möglichkeiten, bringt allerdings auch Risiken mit sich, die man noch längst nicht abschließend beurteilen kann. Auch mit der Gen-Schere lässt sich großer Unsinn treiben. 45:35 Die neue grüne Genetik - Methoden und Möglichkeiten in der Gentechnik In den letzten zwölf Monaten haben die Versuche, Zellen bis in die sogenannte Keimbahn hinein genetisch zu verändern, weltweit einen ungeheuren Schub erhalten. Die Ursache ist die erst im Jahr 2012 entwickelte CRISPR Technologie. Tatsächlich war CRISPR auf dem Treffen der National Academy of Sciences Anfang 2016, an dem hunderte von Wissenschaftlern teilnahmen, das dominante Thema. Das Verfahren bietet scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten der genetischen Veränderung von Pflanzen und Tieren, die eingesetzt werden können, um völlig neuartige und optimierte Nahrungsmitteln zu "produzieren". Daher sollen in einem ersten Schritt "alte", mit herkömmlichen gentechnischen Mitteln oder durch Zucht veränderte Nahrungsmittel verglichen werden mit den "neuen", mit Hilfe von CRISPR erzeugten Pflanzen und Tieren, die als Lebensmittel dienen. Eine zentrale Frage ist dabei, ob es entweder aus genetischer Sicht oder aus der Perspektive des komplexen Zusammenspiel des gesamten Organismus Unterschiede zwischen natürlichen (etwa durch Zucht erzeugten) und künstlichen CRISPR-Nahrungsmitteln gibt.