Fragen an Richard David Precht Philosoph und Publizist Richard David Precht stellt sich den Fragen von Franziska Nori (Direktorin Frankfurter Kunstverein) und Edith Lange (Journalistin). Im Kontext der Ausstellung „Atchilihtallah – Von der Transformation der Dinge“ von Eric van Hove geht es um Kunst als Versuchsanordnung für neue gesellschaftliche Visionen, die Zukunft von Arbeit und die Mobilität von Morgen. Wir erleben eine Zeit großer Umbrüche und Verwerfungen – von Zeitenwende ist die Rede, von epochalen Veränderungen. Aktuell erleben wir auf der politischen Bühne Akteure, die unsere bis gerade noch sicher geglaubte westliche, demokratische Welt massiv bedrohen. Nicht nur die Geschehnisse in Amerika werden die existierende Ordnung herausfordern, auch alle rückwärtsgewandten Populisten und Nationalisten in Europa, inklusive der Entwicklungen extremer Positionen in Deutschland bedrohen den erreichten zivilisatorischen Fortschritt. Hintergrund ist die wirtschaftliche Globalisierung und die rasante technologische Entwicklung – beide verändern das Leben radikal, mit der Tendenz immer mehr Menschen arbeitslos zu machen. Die ohnehin weit verbreitete wirtschaftliche Ungleichheit verschärft sich kontinuierlich, Internetplattformen erzielen enorme Profite mit globaler Kundschaft ohne viele Menschen zu beschäftigen. Große soziale Ungerechtigkeiten entstehen – Kapitalismus und Demokratie, das scheint nicht mehr so gut zu funktionieren, seit die Politik in den westlichen Ländern von den Märkten dominiert wird. Aber demokratische Gesellschaften brauchen ein Mindestmaß an sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit. Stephen Hawking hat vor sozialer Ungleichheit gewarnt und gesagt, „dass wir gerade am gefährlichsten Zeitpunkt der Menschheitsgeschichte stehen“ und fordert: „Zeit also, das Ruder herumzureißen und neue Konzepte dafür zu entwickeln, wie es weiter gehen könnte.“ Eric van Hove hat das mit seiner Ausstellung, Atchilihtallah – Transformation der Dinge bereits getan. Ihm ist es gelungen, die Kunst zu einem Versuchsfeld gesellschaftlicher Visionen zu machen. Er nennt es „Hybridisierung“ – sich die Dinge aus verschiedenen Produktionsepochen und Kulturen neu anzueignen und in Gemeinschaft etwas Neues daraus zu entwickeln. Ein kleines utopisches Licht. Geht doch, scheint die Ausstellung zu vermitteln, ein Zukunftsentwurf. Der Frankfurter Kunstverein lädt im Kontext dieser Ausstellung zur Diskussion mit Richard David Precht ein. Der Philosoph und Publizist Prof. Dr. Richard David Precht (* 1964, Solingen) beschäftigt sich in seinen Sachbüchern mit Fragen zur heutigen Gesellschaft und ihren zukünftigen Herausforderungen. Seit 2012 moderiert er die Philosophiesendung Precht im ZDF und ist Mitherausgeber der Zeitschrift für Wirtschaftsethik agora42. Gedanken zur Verteilungsgerechtigkeit und Warnungen vor der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich haben ihn zu einer wichtigen Stimme in der öffentlich geführten Debatte gemacht.